Innovationsmanufaktur

BISS

Bionisch-inspirierte Schutzausrüstung

Schaut man auf die Skipisten, so fällt auf, dass die überwiegende Mehrheit der Wintersportler mit Helm, oft sogar mit Rückenprotektor fährt. Sieht man sich dagegen Fahrradfahrer in der Stadt an, sind Helme noch Ausnahmeerscheinungen. Das zeigt eine grundsätzliche Entwicklung unserer Zeit auf: Einerseits steigt das Schutzbedürfnis und damit auch die Nachfrage für Helme, Protektoren und Schutztextilien, andererseits werden aber zum Beispiel Helme im Alltag nicht getragen, wenn sie unpraktisch, unbequem oder hässlich sind, was wiederum einen Bedarf für Innovationen offenlegt. Ein ähnliches Dilemma findet sich im Arbeitsschutz in der Produktion: Obwohl Schutzkleidung gewünscht und zum Teil vorgeschrieben ist, ist diese oft zu schwer und unflexibel und erschwert den Job der Arbeiter.

Daher hat das Verbundprojekt BISS – Bio Inspired Safety Systems (gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung) zum Ziel, innovative Materialien und neue Konstruktionsprinzipien zu entwickeln, die das Niveau persönlicher Schutzausrüstung weiter anheben und gleichzeitig ein Auge auf den Komfort haben: Weder Passgenauigkeit, noch Belüftung oder Funktionalität sollen eingeschränkt werden. Das interdisziplinäre Konsortium setzt sich zusammen aus den Industriepartnern adidas, BMW, Innovationsmanufaktur, ORTEMA, phoenix, uvex und den Forschungspartnern Institut für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf, dem Lehrstuhl für Polymere Werkstoffe der Universität Bayreuth und der Plant Biomechanics Group der Universität Freiburg. Das Verbundprojekt hatte eine Laufzeit von drei Jahren und endete im Oktober 2016.
Das Vorbild für die Materialentwicklung ist die Natur, die über Jahrhunderte exzellente Schutzmechanismen entwickelt hat, zum Beispiel die äußere Schicht der Pomelo-Frucht oder die Schuppen von Alligatoren: Selbst, wenn die Pomelo aus großer Höhe vom Baum fällt, bleibt das Fruchtinnere unbeschädigt, obwohl ihre Schale leicht und vergleichsweise dünn ist. 

Die Schuppen Reptilien (und Fischen) wiederum bilden durch Überlagerung einen flexiblen Verbund, der sich bei Belastung verkeilt und vor Verletzungen schützt. Auf Basis dieser bionischen Prinzipien entstand im Projekt eine neue Generation von Sicherheitsprodukten, die wesentlich verbesserte Schutzeigenschaften aufweisen.

Unter anderem der hoch effektive Aufprallschutz der Pomelo-Frucht wurde im Projekt analysiert, um die Funktionsweise zu verstehen und zu abstrahieren. Davon ausgehend wurden optimierte Zellstrukturen von Polymeren sowie geeignete Faserverläufe von Geweben und Gewirken für neue Produktentwicklungen genutzt. Die textiltechnische Übertragung dieser Prinzipien in faser- und textilverstärkte, zum Teil geschäumte Verbundtextilien ergab Materialien, die bis zu 20 Prozent leichter, widerstandsfähiger und stabiler sind als herkömmliche.

Diese sollen die Sicherheit von Personen in verschiedenen Gefahrensituationen, zunächst maßgeblich im Winter-, Rad- und Reitsport sowie in Kontaktsportarten deutlich steigern, zum Beispiel durch bessere und angenehmere Helme. Weitere Einsatzgebiete dieser technischen Textilien in passiven Schutzsystemen sind zum Beispiel der Arbeitsschutz, etwa in Handschuhen, die vor scharfkantigen Karosserieteilen schützen oder in Schutzausrüstungen für Motorsportler.